Faschismus tötet –
Diese Erkenntnis wird in letzter Zeit immer gewisser. Schon im letzten Jahr sind wir in Gedenken an die Todesopfer rechter Gewalt in Magdeburg, Rick Langenstein, Frank Böttcher, Farid Boukhit und Torsten Lamprecht, kämpferisch auf die Straße gegangen. Das Motto „Faschismus tötet – Damals wie heute“ ist leider immer noch aktuell und es wird immer akuter:
Der Rechtsruck ist in unserer Stadt und der ganzen Republik direkt wahrnehmbar. Rechte Blasen vereinnahmen immer mehr proletarische Menschen, deren soziales Elend und der damit verbundenden Wut auf Geflüchtete und alternative Menschen systematisch umgeleitet wird. So werden durch die sogenannten Mainstream-Medien nicht erst seit dem G20-Gipfel in Hamburg die angeblich von linken Organisationen und flüchtlingssolidarischen Strukturen ausgehenden Gefahren in den öffentlichen Fokus gestellt. Dabei werden Vorurteile geschürt und verstärkt, auf die die Politik mit weiteren Verschärfungen und Repression antwortet, während kollektiven Ansätzen kein Raum gegeben wird. Dadurch vermissen wir bei jeder rechten Gewalttat den Aufschrei aus der Gesellschaft und sind stattdessen auf uns alleine gestellt.
In Magdeburg bemerken wir die zunehmende Vernetzung der neuen und alten Rechten, welche sich zunehmend Freiräume erkämpfen und sich von dort aus organisieren können. So steigt die Zahl und Härte faschistisch motivierter Gewalt; von Brandanschlägen wie in Reform, über Hetzjagden wie vor einigen Wochen durch die Magdeburger Innenstadt bis hin zu den beständigen Übergriffen am Hasselbachplatz oder am Südring. Die Strategie für die aktive Zusammenarbeit von Nationalisten aus allen Lagern wird in der Veranstaltungsstätte Halber85 gegenüber vom Thor-Steinar Laden in Sudenburg deutlich. Hier konsultiert und referiert die akademische Rechte à la Kubitschek und Junge Alternative, während gleichzeitig über Kulturveranstaltungen, wie zuletzt eine Tutanchamun-Gala, der „normale Proletarier“ angesprochen werden soll.
Währenddessen steigt die Anzahl und Härte von Abschiebungen, untermalt von einer von der AfD getriebenen Flüchtlingspolitik, stetig an. Exemplarisch dafür steht die aktuelle Debatte, ob Kinder auch eigenständig abgeschoben werden können, wenn sie nicht schon an den Mauern Europas zugrunde gegangen sind. Die Gesellschaft scheint demgegenüber abgestumpft und bezeichnet sich in weiten Kreisen als unpolitisch. Dabei vergessen sie, dass wer schweigt, zustimmt. Anti-Nazi zu sein scheint als normal, aber nicht mehr als aktiver Akt wahrgenommen zu werden. Die Parole „Keine Gewalt“ hilft dabei nicht weiter, denn sie verharmlost die Gewalt, welche Geflüchtete erfahren müssen und hilft ihnen genau so wenig bei der Bewältigung dieser. Wir leben in einer umstürzlerischen Zeit, in welcher alljede*r, der/die keine Haltung bekennt, zum*r Mitläufer*in wird. Die rechte Revolution ist im vollen Gange und ihre Tragweite wurde im letzten Jahr immer deutlicher.
Tiefer Staat:
Die politische Elite der BRD versucht mit allen Mitteln ihr Machtmonopol zu behaupten, wodurch sowohl der Staat als Konstrukt, inklusive Zensur und Polizeigesetzen, als auch das Personal ihr faschistisches Profil offenbart. Seit circa drei Jahren ist das sogenannte „Hannibal-Netzwerk“ aktiv, was einer nationalistischen Vernetzung aus Preppern und Faschisten aus staatlichen Organen entspricht. Der Name ist auf den selbsternannten Begründer des Netzwerks zurückzuführen, welcher außerdem ein aktives Mitglied der Bundeswehr-Spezialeinheit KSK mit besten Kontakten zu den Geheimdiensten ist. Die Vernetzung plant, aus einer künstlich kreierten Notsituation heraus, die bewaffnete Machtübernahme an Tag X, im Zuge dessen sie gezielt flüchtlingssolidarische Repräsentant*innen entführen und ermorden wollen. Dafür formen sie mit gesonderten Treffen, Schießübungen und in den bundesweiten Chatgruppen Untergrundorganisationen nach dem Beispiel des NSU. Gedeckt wird die Vernetzung über die legalisierte Vereinsplattform Uniter, die offiziell und laut eigenen Angaben dem Zweck der Kontaktpflege und Weiterbildung von ehemaligen und aktiven Soldat*innen und deren Vertraute dienen soll.
Die staatlichen Institutionen machen dabei keine Anstalten diese „Verschwörung“ aufzudecken, sondern schützen sie, um den Grad der eigenen Faschisierung zu vertuschen. Razzien, welche nach dem Offenlegen der Telegramchats durchgeführt wurden, brachten nicht die erwarteten Erfolge ein, weil Informationen an die Vernetzung weitergeleitet wurden. Wir wissen spätestens seit der flächendeckenden Zerstörung von Hintergrundinformationen zur Zeit des NSU, dass staatliche Behörden keine Partner im Kampf gegen den rechten Terror, sondern helfende Hand von Faschisten sind. Die Fäden des Nazi-Prepper-Netzwerks wurden in den 90er Jahren gesponnen und reichen von einfachen Bullen, zu den Geheimdiensten, dem Militär, der AfD bis hin zu einfachen Dorfnazis. Staat und Nazis Hand in Hand ist nicht nur eine Parole, sondern bittere Realität.
Tatsächlich hat der Tag X nicht erst seit dem Mord am Walther Lübcke begonnen, sondern ist schon lange ausgerufen. Es bleibt keine Zeit mehr auf eine offensive und massenmobilisierende Antwort zu warten. Wir müssen anfangen, denn Faschismus tötet – hier und heute! Die Zahl der rechtsmotiviert einzustufenden Gewaltdelikte und Morde würde um einiges höher ausfallen, wenn das Interesse an der Politisierung von Straftaten ähnlich intensiv, wie die staatliche Repression gegenüber des linken Politlagers, sein würde. Linke Kräfte müssen wieder die politische Deutungshoheit zurückerkämpfen, indem wir eine grenzenlose und völkerübergreifende Einheit aus den feministischen, sozialen und ökologischen Kämpfen aufbauen, um dem Rechtsruck zu begegnen.
Jugend voran!
Der Jugend kommt eine gesonderte Rolle im Kampf gegen den Faschismus und in der Gestaltung unserer Zukunft zu. Der jugendliche Optimismus und eine rebellische Veranlagung führen zwangsläufig zu einer systematischen Auflehnung gegenüber den aufgezwungenen Autoritäten – egal ob Lehrer*innen, dem Chef, Bullen oder der Politik. In diesem Sinne kann von positiven Blasen gesprochen werden, in denen wir uns vernetzen und unzensiert Informationen und Wissen über politische Themen und staatliches Versagen, bspw. anhand des Klimawandels, austauschen können. Die Fridays for Future-Bewegung schafft es, diese Politisierung auf der Straße zusammenzuführen und damit ein Bewusstsein für den gemeinsamen Generationskampf zu erschaffen. Dabei wird in der Bewegung, gerade auch hier in Magdeburg, immer mehr ein antikapitalistisches Weltbild deutlich, da das Bewusstsein für die Notwendigkeit eines Gesellschaftswandels für die Bewältigung des Klimawandels in der Jugend gefestigt wird. Eine antirassistische Einstellung wird hierbei als Grundlage für den gemeinsamen Kampf gesehen, welche durch die Anfeindungen aus rechten Lagern nur noch verstärkt wird. Die Jugend hat immer einen pluralistischen Ansatz, der erst durch den Leistungs-und Konformitätszwang in der Schule ersetzt und durch den „Konsumkampf“ in der Arbeitswelt ausgemerzt wird. Das Hinterfragen des eigenen Werdegangs bietet dabei die Grundlage für einen breiten und gesellschaftsfähigen Antikapitalismus, der sich in den Fragen „Wie wollen wir leben?“ oder „Wie wollen wir Alt werden?“ verdeutlicht. Mit den Artikel 13 Demos haben wir das gelernt, was die lohnabhängige Klasse schon bei den Protesten gegen TTIP oder die Agenda 2010 erfahren musste: Der Wille zum Protest reicht nicht aus, um progressive Veränderungen in der Gesellschaft auszulösen. Der damit verbundenen Entpolitisierung können wir nur entgegenwirken, indem wir uns nicht mehr an den Staat anbiedern, sondern Politik eigenständig und autonom organisieren. Daran gilt es anzusetzen und eine gemeinsame Haltung gegen jegliches faschistisches Gedankengut im Staat und ausgehend vom Staat zu entwickeln. Es ist nicht möglich die notwendigen sozialen Veränderungen, geschweige denn die Bewältigung des Rechtsrucks durch Reformen oder sonstige staatliche Beschlüsse zu bewirken, sondern nur wenn wir den faschistischen Staat überwinden. Der antifaschistische Selbstschutz darf nicht nur in Kleingruppen organisiert, sondern muss genauso effizient in der breiten Gesellschaft integriert sein. Rassismus und Faschismus sind nicht personengebunden, sondern werden in der Gesellschaft integriert, um die systeminhärente Wut über die soziale Ungererechtigkeit zu kanalysieren.
Kapitalismus als Ursprung des modernen Rassismus:
Die durch die Globalisierung, die moderne, wirtschaftliche Form des Imperialismus, erzeugten Ausbeutungsverhältnisse halten Entwicklungs-und Schwellenländer in wirtschaftlicher Rückständigkeit. Diese Abhängigkeit bietet die Begründung für eine scheinbare Deutungshoheit im zivilisatorischen Sinne, was sich im Export von der westlichen Interpretation der Demokratie und dem damit verbundenden Wirtschaftssystem offenbart. Ausdruck der Entmenschlichung vom Interagieren der Völker ist die von den europäischen Herrschenden ausgehende Flüchtlingspolitik, die täglich hunderte Leben auf dem Mittelmeer kostet. Jedoch sind vor allem Unternehmen im globalen Norden, welche die endlichen Ressourcen und die Menschen vor Ort für ihre Profite ausbeuten. Um diese Ungerechtigkeit zu verdecken, wird die wirtschaftliche Abhängigkeit durch rechte, neoliberale und konservative Kreise in einen kulturellen Rückstand umgedeutet, der die Grundlage für den modernen / kulturellen Rassismus darstellt.
Gleichzeitig unterstützen westliche Mächte Autokraten wie Erdogan oder Assad und versuchen fortschrittliche Projekte ausgehend von der dort arbeitenden Bevölkerung, wie in Rojava oder Mexiko, mit Sanktionen und wenn nötig mit Invasionen zu zerschlagen. Die Folgen dieses wirtschaftlich motivierten Machtkampfs für die Bevölkerung wird gerade in Venezuela deutlich, wo die Sanktionen(Begrenzung Lebensmittelimporte / Abstellen des Stroms) tausende Menschenleben gekostet haben. Die Motivation dahinter war die Absetzung der Maduro-Regierung und damit die Aneignung der im Land gelagerten Ölreserven, frei nach der Logik: Wer nicht spurt, wird ausgemerzt. Dieser unmenschlichen Willkür können wir uns nur entgegensetzen, wenn wir eine völkerübergreifende Solidarität aufbauen, die sich geschlossen gegen alljene richtet, die die globalen Ausbeutungsverhältnisse aufrecht erhalten.
Die kapitalistische Gesellschaft stützt sich auf den individuellen Erfolg, anstelle des kollektiven Wohlstands. Dieser Wohlstand wird in den Chefetagen der Banken, Konzerne und Parteien zentralisiert, während die restliche Menschheit zugrunde gerichtet wird. Das Unverständnis darüber wird auch hier deutlich, wenn wir bei 40 Stunden Arbeit pro Woche trotzdem nur einen Hungerlohn bekommen. Der Kapitalismus schürt mit der selektiven Verwertungslogik Hass in allen Teilen der Welt und versucht dieser Wut entgegenzuwirken, indem es die Völker gegeneinander mobilisiert. Um den global erstarkenden Faschismus aufzuhalten, müssen die globalen Ungerechtigkeiten beseitigt und die lokalen Unterdrücker bekämpft werden, damit die Menschen dieser Welt gemeinsam statt gegeneinander leben können.
Antifaschismus heißt in diesem Sinne nicht nur Nazis entgegenzutreten, sondern den Staat als essentielle Stütze des meschenfeindlichen Systems und somit als Produzenten des Faschismus zu entlarven. Eine antifaschistische Gesellschaft kann nur eine klassenlose Gesellschaft sein, in der die Menschen die Früchte für ihre Arbeit tragen und sämtlicher Unterdrückung und Ungerechtigkeit gemeinsam entgegentreten.
Faschismus tötet – Hoch die internationale Solidarität!
Jugend in die Offensive!